9. Dezember 2024
Dezember 202409

Volksverhetzungsvorwurf als Repressionsmittel

Mindestens genauso schlimm, vermutlich noch schlimmer als der »Majestätsbeleidigungsparagraphen« § 188 StGB entwickelt sich der »Volksverhetzungsparagraph« § 130 StGB. Früher fand der meines Wissen hauptsächlich Anwendung zur Verfolgung von Antisemitismus und Leugnung der Judenvernichtung im Dritten Reich. Heute aber biegen Staatsanwälte und Richter diesen Paragraphen mittlerweile so zurecht, daß jede Kritik an der Regierung und an dem mehrheitlichen Verhalten oder einfach nur auffälligen Verhalten (im Vergleich zu anderen Gruppen) als Erniedrigung, Verächtlichmachung, Haß, Hetze, Aufruf zur Gewalt interpretiert wird. Ermöglicht wird das auch durch mehrere Änderungen an dem Gesetz in diesem Jahrtausend, die einerseits den Anwendungsbereich deutlich vergrößern, gleichzeitig die Kriterien aufweichen. Ein Vergleich der jetzigen Fassung mit einer vor 2011 geltenden Fassung ist da schon erhellend. Inzwischen ist das ein Gummiparagraph, schon allein, daß die »Geeignetheit« zur »Störung« des öffentlichen Friedens reicht. Es muß nicht einmal zu einer Störung gekommen sein, deshalb kann man auch Äußerungen bestrafen, die in Social Media gerade mal eine Handvoll Leute zu Gesicht bekommen haben. Auch ist »Störung« ein sehr dehnbarer Begriff und nicht weiter erläutert. (Nachtrag: Mehr zur Entwicklung findet sich bei Wikipedia.)

Ein »schönes« Beispiel fand letzten Freitag mal wieder statt. Den Fall hatte ich in einem November-Artikel erwähnt. Jetzt war die Verhandlung, »die Achse des Guten« war dabei, Apollo News diskutiert auch den Fall und zitiert aus dem Artikel. Zum einen kann ich – als juristischer Laie – wirklich keine Volksverhetzung darin erkennen. Die Aussagen der Frau basieren auf Fakten, die in behördlichen Statistiken nachzulesen sind. Natürlich sind sie verkürzt dargestellt, aber das macht daraus keine Volksverhetzung. Zudem entsetzt noch zum Beispiel die Aussage des Staatsanwaltes, daß die »massive Politikkritik« und die weiterhin Nichtgutheißung der Politik strafverschärfend gewertet werden müsse! Solche Aussagen widersprechen fundamental dem Artikel 5 des Grundgesetzes! Und der Richter bestreitet zudem die Fakten. Woher er seine Weisheit nimmt, bleibt offen.

Ich hoffe, die Frau geht in Revision. Und ich hoffe, daß sie dabei von einem besseren Anwalt vertreten wird. Ich werde den Eindruck nicht los, daß der unter den Möglichkeiten geblieben ist.