Politische Lage weiter unübersichtlich
Am dritten Tag nach den Landtagswahlen in Sachsen und Thüringen ist die politische Lage weiterhin unklar. Die abgestraften Ampelparteien lecken nicht unerwartet ihre Wunden. Uneinsicht und Schuldzuweisungen an die Mitkoalitionäre tragen das öffentliche Bild. Eigene Fehler, speziell eine falsche Politik, werden in Abrede gestellt. Manche Äußerungen klingen gar recht wirr, von Robert Habeck zum Beispiel. AfD und BSW hätten Stimmen gekauft, er wünsche sich Merkel in die CDU zurück, um Wahlen rückgängig zu machen und sich mit links-grün zu verbinden, die AfD sei schuld am wirtschaftlichen Abschwung. Nerven liegen blank. Bei der SPD und und FDP werden Schuldige gesucht, mit Scholz und Lindner als natürliche Ziele. Man will natürlich auch verhindern, daß das Desaster in drei Wochen in Brandenburg so weitergeht. Eine brandenburger SPD-Politikerin forderte deshalb schon ein Auftrittsverbot für Esken und Kühnert.
Momentan sieht es leider noch nicht so aus, als würde die Wahl zu einem Ende der Bundesregierung führen. Aber ich würde das noch nicht völlig ausschließen. Der Pott kocht noch und kann auch noch überlaufen. Gerade bei der FDP könnte sich die Frage stellen, ob ein Abbruch noch ein wenig Restreputation zurückbringt – wobei ich selbst da nicht mehr glaube, daß das über die 5%-Hürde noch helfen würde.
Zu potentiellen Regierungsbildungen versuchen die gescheiterten Links-Grünen natürlich, die CDU zur Aufrechterhaltung der Brandmauer (oder »Gefängnismauer«, wie der Politikwissenschaftler Patzelt meinte) gegenüber der AfD, aber Abbruch derselben gegen die Linke zu ermuntern.
Bei der CDU intern rumort es allerdings gerade wegen dieser Brandmauern auch. Offiziell gibt es keine gegenüber des BSW, aber da das Bündnis eine Abspaltung von den Linken ist, ist eine Kooperation per se nicht unproblematisch. Auch haben einige nicht vergessen, daß Wagenknecht eine Vergangenheit hat, die bis in die DDR- und SED-Zeiten zurückgeht, und ihr die Nachfolgepartei nicht links genug war. Ähnliches dürfte auch für andere BSW-Mitglieder gelten. Zudem wollen manche CDUler nicht mit der SPD und den Grünen, die abgewählt wurden, zusammenarbeiten. Das würde von CDU-Wählern übelgenommen und könnte sich dann bei den nächsten Wahlen rächen. Die Brandmauer gegenüber der AfD einzureißen wird als das kleinere Übel angesehen.
Speziell aus den beiden Landesverbänden wird daher nun ordentlich Druck gegen die aktuelle Links-Orientierung von Friedrich Merz aufgebaut. Die AfD versucht natürlich ihrerseits durch öffentliche Diskussionen eben dieser Verhältnisse die Entwicklungen in ihre Richtung zu lenken. AfD-Leute behaupten auch, es gäbe schon längst Gespräche zwischen AfD und CDU auf unteren Ebenen.
BSW versucht ihrerseits, sich anzubieten. Unklar ist weiterhin ihr Verhältnis zur AfD. Von einigen BSW-Mitgliedern wird sie schlechtgeredet und es werden Brandmauern erklärt, die früher bestritten wurden.
Auch wenn noch keine Koalitionen gebildet wurden, entbrennt jetzt schon ein Kleinkrieg um verschiedene Aspekte innerhalb der Landtage, z.B. die Wahl des Landtagspräsidenten oder die Wahl des Parlamentarischen Kontrollgremiums des Verfassungsschutzes. Bei letzterer riskieren die anderen Parteien durch Nichtdurchführung gar einen Verfassungsbruch, nur um die Wahl eines AfD-Abgeordneten zu verhindern – wahre Demokraten!
Ein kleines Scharmützel gibt es gar noch um den einen Abgeordneten der Freien Wähler in Sachsen, ob er mit der AfD abstimmen darf. Dagegen gäbe es einen Beschluß der Freien Wähler, allerdings ist der Abgeordnete gar kein Mitglied der Partei und fühlt sich deshalb nicht daran gebunden!
Das i-Tüpfelchen setzt dann noch die Presse darauf, indem sie teils wilde Spekulationen verbreitet. Da hilft dann nur noch abwarten und Tee trinken!